
Blue Christ Church (2015)
Mitten in einer ganz normalen Wohngegend, unweit einer vielbefahrenen Bahnlinie, entdecke ich ein unscheinbares Kirchengebäude. Kein Turm, kein Prunk – die Blue Christ Church versteckt sich fast zwischen den Häusern, als wüsste sie selbst nicht mehr so genau, was sie mal war.
Von außen wirkt sie harmlos. Ein bisschen grau, ein bisschen vernachlässigt. Doch drinnen entfaltet sie ihre ganz eigene morbide Poesie. Der Putz blättert, der Staub liegt schwer in der Luft – und irgendwo in all dem sieht man die Versuche, etwas zu retten. Sanierungsarbeiten, wohl einst gut gemeint, wurden offenbar halbherzig begonnen – und dann einfach abgebrochen.
Ich habe die Kirche zunächst ganz für mich allein. Eine seltene Ruhe, die ich ausnutze. Licht fällt durch schmale Fenster, bricht sich an Glassplittern, tanzt auf alten Bänken. Ich fotografiere in aller Stille – konzentriert, versunken, fast ehrfürchtig.
Dann klirrt irgendwo eine Tür. Weitere Explorer betreten die Kirche – freundlich, neugierig, leider mit piepsenden Kameras, die den Ort plötzlich elektronisch durchschneiden. Es ist, was es ist. Der öffentliche Charakter solcher Orte bringt Begegnungen mit sich. Nicht immer angenehm, aber Teil des Spiels.
Die Lichtverhältnisse sind schwierig, aber beherrschbar. Die Kamera meistert die Kontraste mit stoischer Ruhe. Nur wenn sich etwas bewegt, wird es kompliziert – was vor allem an den zahlreichen Tauben liegt, die sich hier oben eingenistet haben. Manche flattern erschrocken durch das Kirchenschiff. Andere haben sich bereits ergeben – sie liegen auf dem Boden. Still. Vielleicht seit Jahren.
Und dann, am Altar, ein seltsamer Fund: eine offene Schale mit Erdbeeren. Frisch. Oder zumindest nicht sehr alt. Eine kleine Flasche Wasser daneben. Ein leerer Plastikbecher. Besucher des Vortags? Ein improvisierter Imbiss? Oder war es vielleicht doch eine Opfergabe, ganz im Sinne der alten Rituale – nur eben mit Erdbeeren statt Hostie?
Ich lasse den Gedanken offen. Der Ort verlangt keine Deutung. Nur Aufmerksamkeit.
Blue Christ Church – ein Ort, der nicht laut ist, nicht spektakulär, aber genau deshalb so wirksam. Ein Raum zwischen Glaube, Verfall und dem Rest eines Pausensnacks. Und auch das ist Urbex.













































