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Blue Tower (2018)


Woher dieser verlassene Industriekoloss, mitten in einer belgischen Großstadt gelegen, seinen Namen hat – das bleibt ein Rätsel. Weder vor Ort noch durch Recherche ließ sich die Herkunft des Namens „Blue Tower“ klären.
Aber vielleicht braucht es das auch gar nicht.

Nach vielen Châteaus, Kliniken und Herrenhäusern zieht es mich zurück zu meinen Wurzeln:
Industrie. Eisen. Staub.
Und genau das bietet dieser Ort.

Ein Ort zwischen Kraft und Verfall

Die ehemalige Fabrik diente einst der Veredelung von Rohstoffen – vermutlich als eine Art Sinteranlage, deren Produkte in nahegelegenen Hochöfen weiterverarbeitet wurden. Auch wenn die Bänder längst stillstehen, scheint die Kraft des Ortes noch in den Wänden zu stecken.

Die Infiltration gelang mit ein wenig Geschick – wobei ich zugeben muss: In meinem fortgeschrittenen Alter wird ein bequemer Einstieg zunehmend wichtiger als der Adrenalinkick.

Zuerst führt mich mein Weg durch das noch erstaunlich gut gefüllte Rohstofflager.
Zwischen Schotterbergen, rostigen Rohren und dicken Stahlträgern thronen zwei Portalkräne, die in ihrer Ruhe fast majestätisch wirken. Als ob sie gleich wieder loslegen würden, ein paar Tonnen Material aufgreifen und über die Hallen schweben… Aber hier passiert nichts mehr.

Der Blick von oben – im Blue Tower

Wie so oft zieht es mich nach oben.
Der Blue Tower – ein hoher, kantiger Bau mit noch überraschend solider Substanz – bot sich dafür regelrecht an.
Die Sonne, obwohl schon herbstlich tief, brennt auf die staubige Bausubstanz und erschwert die Belichtung.
Ich arbeite mit voller HDR-Kapazität – -1, 0, +1 Belichtungsreihe –, um die harten Kontraste halbwegs zu zähmen.
Die Ergebnisse sind solide.
Fensterfronten hätten vielleicht sogar eine -2 gebraucht, aber gut – man ist ja auch zum Erleben hier, nicht nur fürs Perfekte.

Industrie trifft Nachbarschaft

Der Blue Tower steht inmitten einer heruntergekommenen Wohnsiedlung. Rost auf den Dächern, Wäsche an windigen Balkonen. Man hat sich hier wohl nie so recht mit der Anlage arrangiert – zu laut, zu staubig, zu nah. Und doch: Mit der Schließung ging sicher mehr verloren als nur Lärm. Arbeitsplätze, Identität, Struktur.

Staub, Durst, Dankbarkeit

Nach knapp zwei Stunden sind wir durch.
Karola und ich sind verstaubt wie nach einem Tag in der Wüste.
Der Durst ist nicht mehr zu ignorieren, die Speicherkarte voll.

Was bleibt, ist dieser besondere Nachgeschmack: Stahl. Sonne. Schweigen. Und ein Ort, der seine Geschichte nicht mehr laut erzählt – sondern in Staubschichten und Lichtkegeln.


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