
Kasteel van Mesen (2006)
Mitten in einem öffentlichen Park, abgeschirmt durch einen einfachen Bauzaun, stirbt Kasteel van Mesen in Würde. Vom einst prachtvollen Schloss ist nicht mehr viel übrig – große Teile sind eingestürzt, zerfallen, vom Wetter gezeichnet und vom Stillstand aufgezehrt. Und doch: Der Ort trägt seine Geschichte nicht mit Bitterkeit, sondern mit einer erstaunlichen Ruhe.
Die Ursprünge von Mesen reichen bis ins Jahr 1628 zurück. Was heute aussieht wie ein Ort des endgültigen Endes, war in seiner bewegten Vergangenheit Destillerie, Zuckerfabrik, Kloster und Internat. Nur die neugotische Kapelle und das angrenzende Schulgebäude stammen aus dem Jahr 1905 – und selbst sie sind längst vom Verfall gezeichnet.
Das Internat wurde 1972 geschlossen – der Kombination aus Schulreform und knapper werdenden Mitteln war nichts mehr entgegenzusetzen. Seitdem verstummt das Schloss. Die ersten bekannten Urbex-Fotos datieren aus dem Jahr 1995 – und was damals noch als romantischer Verfall erschien, ist heute ein fragiles Denkmal am Rande des völligen Verschwindens.
Es regnet, als ich das Gelände erreiche. Ich kämpfe mich durch Buschwerk und nasses Gras, bis ich schließlich vor der Kapelle stehe. Ein schmaler Spalt an der Seite des Kirchenschiffs gewährt mir Einlass. Und dann bin ich drin – in einem Raum, der gleichzeitig erschüttert und erhebt.
Die Kapelle ist hoch, weit, leer. Regen fällt durch das zerstörte Dach, schlägt auf den Boden, auf mein Gesicht. Das Licht ist matt, gefiltert durch die wenigen noch erhaltenen Bleiglasfenster. Es reicht gerade aus, um Konturen zu erkennen – und um zu begreifen, was hier einmal war. Ein Raum für Andacht. Jetzt ein Raum für Erinnerung.
Ich verlasse die Kapelle, doch ihre Stimmung geht mit mir – durch Flure, Räume, Treppen, Reste. Im Keller wird es dunkel. Verwinkelt, kalt, unheimlich. Ich höre etwas – ein Kratzen? Ein Tropfen? Oder habe ich es mir eingebildet? Hier unten liegen die alten Küchen, Lagerräume, Heizungsanlagen. Wirtschaftsräume eines Betriebs, der längst stillsteht. Und doch scheint der Ort noch zu atmen.
Ich finde die Treppe nach oben.
Im Haupttrakt des Schlosses angekommen, reicht ein Blick zur Decke – oder besser: zum Himmel. Drei Etagen fehlen. Die obere ist komplett eingestürzt und hat die darunterliegenden mit sich gerissen. Der Himmel ist nah, zu nah. Und das Wetter hat ganze Arbeit geleistet: Was nicht kollabiert ist, wurde langsam zersetzt.
Kasteel van Mesen ist kein Ort für große Gesten.
Es ist ein Ort für leises Staunen, für Respekt und für ein ehrliches Bedauern, dass ein Bauwerk wie dieses nicht gehalten werden konnte.
Vielleicht ist genau das seine Würde:
Dass es nicht laut untergeht, sondern in Stille vergeht –
und dabei dennoch bleibt.Links zum Thema:
Urbex-NL
Initiative für den Erhalt des alten Theaters
Der Spurensammler im Kasteel van Mesen (2004)
Was heute noch davon übrig ist



















































