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Kokerei Prosper (2006)


Wer heute die mächtigen Anlagen der Kokerei Prosper in Bottrop besucht, sieht nicht nur eine moderne Produktionsstätte für Hochofenkoks, sondern auch ein Stück Industriegeschichte, das bis ins erste Viertel des 20. Jahrhunderts zurückreicht.

Damals, in den frühen 1920er Jahren, war das Ruhrgebiet geprägt von zahlreichen Kleinkokereien, die meist direkt an Zechen angeschlossen waren. Doch mit zunehmendem technischen Fortschritt und wachsendem Effizienzdruck begann ab 1925 eine neue Ära: Die Zentralkokereien entstanden – leistungsfähiger, konzentrierter, besser steuerbar. Prosper war eine dieser Anlagen.

1928 nahm die Kokerei ihren Betrieb auf – mit zunächst vier Batterien zu je 45 Öfen. Bereits in dieser ersten Ausbaustufe lag die Jahresproduktion bei rund einer Million Tonnen Koks – eine beeindruckende Menge.

Kohle, Krieg und Koksofenbatterien

Der Zweite Weltkrieg brachte eine massive Ausweitung der Kokereikapazitäten im Ruhrgebiet. Auch auf Prosper wurde weitergebaut: Drei zusätzliche Batterien mit je 45 Öfen kamen hinzu. Damit wuchs die Anlage auf sieben Batterien mit insgesamt 315 Öfen, die eine tägliche Produktion von bis zu 5.000 Tonnen Koks ermöglichten.

Zwischen 1936 und 1942 war die Kokerei Prosper die größte ihrer Art im gesamten Revier.

Nach Kriegsende und Beseitigung der Zerstörungen nahm die Anlage 1946 mit nur einer Batterie den Betrieb wieder auf. Schritt für Schritt wurde ausgebaut – bis 1952 waren erneut sieben Batterien am Netz. 1954 kam eine achte Batterie mit weiteren 45 Öfen hinzu. Prosper war wieder voll auf Kurs.

Neuanfang mit Weitblick

Ab 1982 wurde groß gedacht – und modernisiert. Im Fokus: Umweltschutz, Arbeitssicherheit, und die Anpassung an neue industrielle Anforderungen. Drei neue Batterien mit Großraumöfen wurden geplant, mit dem Ziel, zwei Millionen Tonnen Koks jährlich zu produzieren. Gleichzeitig wurde eine neue Gasentschwefelungs- und Schwefelsäureanlage gebaut – ein deutliches Zeichen für die wachsende Verantwortung gegenüber Umwelt und Region.

Ein weiteres Highlight: Die Integration einer Wasserstoffgewinnungsanlage aus Koksofengas – ein technologischer Vorgriff auf Diskussionen, die heute aktueller denn je sind.

Bis 1989 war die sogenannte „schwarze Seite“ der Anlage – also die Hauptkoksproduktion – komplett erneuert. 1998 folgte der Start einer neuen Benzolfabrik.

Prosper heute – Zahlen, Hitze, Hochtechnologie

Heute zählt Prosper zu den größten und modernsten Kokereien Europas – und ist mit drei Batterien und 146 Öfen die zweitgrößte Kokerei Deutschlands.

Die technischen Eckdaten lesen sich wie ein Handbuch für Gigantismus:
• Garungszeit: 25 Stunden
• Temperatur: ca. 1.100 °C
• Ofenmaße: 17 m lang, 7 m hoch, 0,59 m breit
• Kammervolumen: rund 61 m³ – weltweit eines der größten Formate
• Koksmenge pro Druckvorgang: ca. 40 Tonnen
• Täglicher Kohleeinsatz: über 7.000 Tonnen
• Tägliche Koksproduktion: rund 5.500 Tonnen

Der Abtransport erfolgt über einen eigenen Werksbahnhof, der sich über eine Fläche von 55 Hektar erstreckt – fast ein eigener Stadtteil für Stahl.

Doch nicht nur Koks verlässt das Werk. Auf der sogenannten „weißen Seite“ der Kokerei fallen täglich auch wertvolle Nebenprodukte an:
• 150 t Teer
• 80 t Ammoniumsulfat
• 44 t BTX-Aromaten
• 35 t Schwefelsäure

Das ist Chemie in großem Maßstab – aber unter strengen Umweltauflagen.

Besuch vor Ort – Hitze, Sauberkeit, Respekt

2003 feierte die Kokerei Prosper ihr 75-jähriges Jubiläum – Grund genug, für einen Besuch.

Im Sommer 2004 stehe ich selbst vor den gewaltigen Anlagen – und bin überrascht von der Sauberkeit und der Ordnung, die hier herrschen. Kein Vergleich zu vielen maroden Industrieanlagen, die ich in Belgien oder im Osten Deutschlands besucht habe. Hier wird sichtbar auf Effizienz und Umweltschutz geachtet – und das bei laufendem Hochleistungsbetrieb.

Ein Jahr später kehre ich zurück – diesmal mit
Videokamera. Auch das gelingt – und die Aufnahmen zeigen eindrucksvoll, was es heißt, wenn Feuer, Kohle und Technik in einem fein austarierten Zusammenspiel funktionieren.

Die Kokerei Prosper ist mehr als ein Industriekomplex. Sie ist ein lebendiges Denkmal der Montanindustrie, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet – mit Glut in den Öfen und Visionen in der Planung.

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