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Ferme de Maraichage (2016)


Am Rand einer belgischen Kleinstadt, umgeben von weiten Feldern und einem kaum merklichen Wind, liegt ein unscheinbares Bauernhaus. So unscheinbar, dass man beim Vorbeifahren denken könnte: Da wohnt noch jemand. Vielleicht ein älteres Paar. Vielleicht ein Landwirt, der nur selten zu Hause ist. Aber der Schein trügt. Hier lebt niemand mehr. Seit Jahren nicht.

Ich nähere mich dem Haus durch das hohe Gras, das im Abendlicht golden schimmert. Keine Tür ist verschlossen. Kein Fenster beschädigt. Der Eintritt erfolgt ruhig, fast würdevoll – eine erlaubnisfreie Begehung, wie man sie sich wünscht.
Und sofort breitet sich etwas Eigenartiges aus: Stille. Nicht bedrückend, sondern fast achtsam. Ein Gefühl, als würde das Haus sagen: Willkommen. Aber sei leise.

Spuren des Lebens

Im Inneren entdecke ich ein nahezu vollständig erhaltenes Wohnhaus. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche – alles da. Die Decken niedrig, die Wände verputzt, der Stil schlicht ländlich. Ein Tisch, auf dem noch eine bestickte Decke liegt. In einem Schlafzimmer hängt ein Sonntagshut an der Wand, darunter eine Kommode mit vergilbten Familienfotos. Es ist, als wäre jemand für einen kurzen Spaziergang hinausgegangen – und dann nie zurückgekehrt.

Das Erstaunliche: kein Vandalismus. Keine Graffiti. Keine geplünderten Schränke. Ein Ort, der in Würde altert. Solche Häuser sind selten geworden.

Und plötzlich… Gesellschaft

Ich bin nicht lange allein. Schritte, Stimmen – erst leise, dann deutlicher.
Mindestens sechs andere Explorer durchstreifen das Haus, respektvoll, aber sichtbar. Die Stille verflüchtigt sich. So ist es eben. Schönheit spricht sich herum.

Polizeiliche Zugabe

Keine 30 Minuten später – ich bin gerade im Dachgeschoss – klopft es laut. Unten. Die Polizei. Zwei Beamte, freundlich, aber bestimmt. Jemand hat den Besuch gemeldet. Vielleicht ein Nachbar. Vielleicht einer der Vorbesucher, dem die vielen Gäste dann doch zu viel waren. Ich packe meine Kamera zusammen, steige langsam hinunter. Eine kurze Identitätsprüfung, ein kurzes Gespräch. Alles ohne Drama. „Bitte verlassen Sie das Gelände. Das ist Privatbesitz.“

Verstanden.

Ein halbes Haus im Gepäck

Schade, denke ich beim Weggehen. Aber kein Beinbruch. Die Speicherkarte ist gefüllt. Die Eindrücke sind frisch. Und dieses Bauernhaus – dieses stille, unspektakuläre, und doch so ehrliche Stück Vergangenheit – wird mir im Gedächtnis bleiben.

Vielleicht auch deshalb,
weil es so wenig wollte.
Nur Ruhe.
Nur Zeit.
Nur ein bisschen Achtung.

Weiterführende Links:
Fotos auf Darbians
Connorhicks mit weiteren Fotos

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