Chateau Halloween (2025)
Woher dieser Herrensitz seinen Namen hat, weiß ich nicht. „Château Halloween“ – das klingt nach Spuk, Kerzenlicht und knarzenden Dielen. Tatsächlich jedoch: Kein Flüstern, keine Gänsehaut, kein Poltergeist. Nur ein weiterer Versuch, einem verlorenen Ort mit einem griffigen Namen etwas Magie einzuhauchen.
Das Schloss – oder das, was davon übrig ist – liegt mitten in einer Wohnsiedlung, verborgen hinter altem Baumbestand, als hätte es selbst vergessen, dass es einmal stolz war. Ein schmaler Trampelpfad führt durch das Gestrüpp direkt zur Haustür. Man muss nicht lange rätseln: Hier waren schon viele. Sehr viele. Urbex-Bus-Haltestelle, Halbtagesziel, Instagram-Ruine.
Als ich ankomme, präsentiert sich Halloween in einem Zustand, den man freundlich als “gerockt” bezeichnen könnte. Vandalismus in Serie, Sprühereien, zertretene Erinnerungen. Und im zweiten Obergeschoss: ein Brand, heftig, wütend, endgültig. Die Bilder, die ich später im Netz finde, zeigen, was hier einmal war – und was hier nie wieder sein wird. Ein Juwel, durch Unverstand geschliffen.
Das Treppenhaus ist zerstört. Keine Chance, nach oben zu gelangen – zumindest nicht auf normalem Wege. In der ehemaligen Küche finde ich eine improvisierte Leiterkonstruktion, die den Begriff „Abenteuer“ auf eine neue Ebene hebt: Zwei klapprige Leitern, übereinandergestellt, mit Draht umwickelt. Irgendwer wollte hier hoch – um jeden Preis.
Ich nicht. Mein Verstand sagt nein. Und ich höre auf ihn.
Während ich mich den letzten Aufnahmen widme, höre ich Stimmen. Der Urbex-Bus hat geliefert. Vier weitere Fotografen steigen aus, begrüßen mich freundlich – man kennt sich oder kennt wen, der wen kennt. Es wird ausgetauscht, vernetzt, verglichen, und zwischen den Ruinen blüht die Community kurz auf wie ein Unkraut, das niemand so recht bekämpfen will.
Und so endet der Besuch mit einer Koordinate mehr in der Tasche und einem Ort mehr im Archiv. Château Halloween ist kein Lost Place mehr. Es ist ein Ort, der verloren wurde – in Etappen, Stück für Stück, Besuch für Besuch.
Und trotzdem bleibt ein kleiner Moment.
Zwischen Verfall, Vernunft und Verbundenheit.
Denn auch das ist Urbex.
